Nationale Ausnahmeregelung

Arzneimittel für neuartige Therapien (Advanced Therapy Medicinal Products, ATMP) unterliegen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 der zentralen Zulassung durch die Europäische Zulassungsbehörde (European Medicines Agency, EMA). In Ausnahmefällen besteht für ATMP-Hersteller die Möglichkeit eine nationale Genehmigung zu erhalten, insbesondere wenn eine routinemäßige Herstellung des ATMPs nach spezifischen Qualitätsnormen nicht möglich ist. Hierfür muss die Verabreichung ausschließlich unter der fachlichen Verantwortung eines Arztes auf individuelle ärztliche Verschreibung eines eigens für einen einzelnen Patienten angefertigten Arzneimittels in einer spezialisierten Einrichtung der Krankenversorgung erfolgen. Die Begrifflichkeiten „spezialisierte Einrichtung der Krankenversorgung“ sind in § 14 Abs. 2 Satz 2 des Transfusionsgesetzes (TFG) definiert.

 

In Deutschland ist das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) für die Genehmigung von nicht routinemäßig hergestellten ATMPs zuständig.

Ein Arzneimittel wird dann nicht routinemäßig hergestellt, wenn dieses nur in geringem Umfang (= geringe Menge, geringe Häufigkeit) hergestellt wird und im Herstellungsverfahren Abweichungen vorgenommen werden, die für einen einzelnen Patienten medizinisch begründet sind. Ein Arzneimittel gilt ebenso als nicht routinemäßig hergestellt, wenn es noch nicht in ausreichender Anzahl hergestellt wurde, so dass die notwendigen Erkenntnisse für eine umfassende Produktbeurteilung noch nicht vorliegen.

Für die ATMP-Herstellung muss zudem eine Erlaubnis für die Gewinnung des Ausgangsmaterials vom Spender und die für die Gewinnung erforderlichen Laboruntersuchungen nach § 20b Arzneimittelgesetz (AMG) (soweit menschliche Gewebe und Zellen als Ausgangsmaterial verwendet werden) sowie die Herstellungserlaubnis nach § 13 AMG vorliegen.

Die Genehmigungserteilung erfolgt in den meisten Fällen befristet und wird vom PEI im konkreten Einzelfall festgelegt. Ob die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift weiterhin vorliegt, wird regelmäßig (Zeitabstände werden vom PEI festgelegt) überprüft. Der Inhaber der Genehmigung muss daher in bestimmten Zeitabständen dem PEI Unterlagen über den Umfang der Herstellung und über die gewonnenen Erkenntnisse für die umfassende Beurteilung des Arzneimittels vorlegen.

Der Widerruf der Genehmigung erfolgt bei Erreichen einer routinemäßigen Anwendung. Der ATMP-Hersteller (Genehmigungsinhaber) sollte nach Möglichkeit bis zum Widerruf der Genehmigung (bei Erreichen der Erkenntnisse) eine klinische Prüfung vorbereiten, an die sich die zentrale Zulassung bei der EMA anschließen kann.

Mit der nationalen Ausnahmeregelung soll dem raschen Fortschritt von Wissenschaft und Technik im Bereich der ATMPs Rechnung getragen werden.

Wir unterstützen Sie gerne bei der Beantragung oder Verlängerung einer Ausnahmegenehmigung nach § 4 b Abs. 3 AMG sowie allen Maßnahmen zum Erhalt der Herstellerlaubnis!

Quelle: https://www.pei.de/SharedDocs/Downloads/DE/regulation/beratung/innovationsbuero/broschuere-atmp.pdf?__blob=publicationFile&v=4